Zur aktuellen Lage: Interview mit dem AGON-Geschäftsführer Wolfgang Fuhr |
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Über Fälschungen, Sammeln und Handeln // |
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Stadionheft.de: Herr Fuhr, Sie hatten in Ihrer Oktober Auktion ein Programm vom Endspiel der Fußball-Weltmeisterschaft 2014, dass Sie als originales und offizielles Endspielprogramm angeboten haben. Bei diesem Programm handelt es sich jedoch um kein Originalprogramm, dieses Heft wurde nach der WM produziert. Es ist bestenfalls ein Piratprogramm. Dieses Programmheft haben Sie für 165 € zugeschlagen. Viele User von Stadionheft.de fragen sich jetzt, ob AGON-Sportsworld als bislang seriöser Anbieter es nötig hat, seinen Kunden mit falschen Informationen Dinge zu verkaufen. Passen Sie sich dem Niveau auf Ebay an? | |||||
Wolfgang
Fuhr:
Bevor ich auf diesen speziellen Fall eingehe, möchte ich vorausschicken,
dass in der Oktoberauktion 1200 verschiedene Objekte zur Auktion gekommen
sind. 1199, wie Sie sagen, „seriöse“ Stücke und ein Objekt mit
einer, wie sich im nachherein rausgestellt hat, irreführenden
Beschreibung. Uns wurden von August bis Anfang Oktober ca. 2000 Objekte für
diese Auktion angeboten. Diese Stücke wurden alle geprüft, z.B. im
Trikotbereich wurden über 80% der angebotenen Stücke abgelehnt, da es
sich um Fälschungen oder einfach nur um Fantrikots handelte. Anhand
dieser Zahlen können Sie sehen, dass es keine Abkehr von unserer
Unternehmenspolitik gibt, das AGON-Sportworld ein zuverlässiger,
vertrauenswürdiger und sachkundiger Partner für Sammler ist. Wo Menschen
arbeiten passieren natürlich auch Fehler, gerade bei dieser immensen
Arbeitsdichte. Stadionheft.de:
Wir müssen Sie leider unterbrechen, wir wollten doch über dieses
Programm reden! Wolfgang
Fuhr:
Als wir dieses Programm für unsere Auktion erhalten haben, wussten wir
leider noch nichts davon, dass es sich bei diesem Heft um ein
Privatpragramm gehandelt hat, sonst hätten wir dieses Programm überhaupt
nicht in die Auktion genommen. Wir haben natürlich auch im Internet
recherchiert, haben aber auch dort nichts gegenteiliges gefunden. Schade
eigentlich, dass uns niemand von den Programmsammlern informiert hat. In
anderen Sammelbereichen funktioniert dass ganz gut, z.B. bei Autographen-
, Abzeichen- oder Trikotsammlern. Bei einem begründeten Verdacht, also
wenn dieser sachlich belegt werden kann, nehmen wir die beanstandeten Stücke
aus der Auktion. Leider konnten wir das bei besagten Programmheft nicht
tun, da eine Information und Diskussion nur innerhalb des Stadionheft.de-Forums
stattfand. Erst nach der Auktion wurden wir auf unsere Fehleinschätzung
aufmerksam gemacht. Stadionheft.de:
Und was machen Sie jetzt?? Wolfgang
Fuhr:
Wir haben bereits Kontakt mit dem Käufer aufgenommen, werden das Heft
selbstverständlich zurücknehmen und ihm sämtliche Kosten erstatten. Wir
möchten nicht das Fälschungen, Fakes oder Phantiestücke in Umlauf
gebracht werden. Gleichgültig wo das geschiet, also auf Ebay, Börsen,
Auktionen, Privathandel oder beim Tausch unter Sammlern. Das ist schlecht
für alle. Für Sammler und auch für Händler. Stadionheft.de:
Wie meinen Sie das? Wolfgang
Fuhr:
Für die meisten Sammler ist das Sammeln von Programmheften oder
Sportmemorabilia nur eine Freizeitbeschäftigung unter vielen.
Freizeitbeschäftigungen dienen in erster Linie zum Entspannen. Hier will
niemand Streß haben, z.B. durch den Kauf von Fälschungen. Und was tut
man wenn man Streß hat. Natürlich vermeiden. Das bedeutet für den
Sammler, er verliert die Lust am Sammeln und konzentriert sich auf andere
Dinge. Ich könnte Ihnen unzählige Beispiele nennen, wo Sammler das
Interesse am Hobby durch Fälschungen verloren haben. Den Hardcoresammler
schreckt das natürlich nicht ab, aber diese Gruppe ist ja auch nur eine
kleine Minderheit. Stadionheft.de:
Und warum schlecht für die Händler? Wolfgang
Fuhr:
Der Handel, und damit meine ich nicht nur die wenigen professionellen,
steuerzahlenden Händler mit Gewerbeanmeldung, sondern auch die große
Zahl an Sammler, die viele Stücke ausschließlich ankaufen, um diese mit
Gewinn weiter zu veräußern. Die also bei diesen Stücken ausschließlich
profitorientiert handeln. Diese Gruppe würde ich als semiprofessionelle Händler
bezeichnen. Stadionheft.de:
Herr Fuhr, Sie schweifen ab. Stadionheft.de:
Wie soll das funktionieren, gerade im Zeitalter des Internets, der
Nicknames und wechselenden Identitäten? Wolfgang
Fuhr:
Vertrauen bilden, Sicherheit geben und Wissen teilen. Stadionheft.de:
Große Worte, aber was tun Sie dafür? Stadionheft.de:
Ein guter Vorschlag für mehr Sicherheit…. Wolfgang
Fuhr:
Wer nichts zu verbergen hat und über das nötige Fachwissen verfügt,
kann das doch machen. Was spricht dagegen? Sorry, ich habe Sie
unterbrochen. Stadionheft.de:
Wissen teilen? Was sollen wir uns darunter vorstellen? Wolfgang
Fuhr:
Ganz einfach. Ich informiere alle Sammler und Händler, nicht nur meine
besten Sammlerfreunde, über eine neue Fälschung. Nehmen wir z.B. das
Programmheft von Endspiel der WM 2014 aus unserem letzten Katalog. Wäre
die Information, dass ein im Design täuschend echt aussehendes
Privatprogramm im Umlauf ist, direkt zu AGON-Sportsworld gelangt, hätten
wir dieses Programm natürlich nicht in die Auktion genommen. So wurde
diese Umstand nur im Experten-Forum auf Stadionheft.de diskutiert. Ich bin
der Meinung solche Informationen müssen sofort breit gestreut werden,
nicht nur innerhalb der Programmsammlerszene, sondern auch sammelgebiets
übergreifend. Die Kontakte bestehen doch und im Internetzeitalter ist das
doch alles kein Problem mehr. Stadionheft.de:
Das ist eine gute und effiziente Idee. Wäre auch umgekehrt denkbar, z.B.
gibt es auch Programmsammler die kaufen Pins oder Trikots. Wenn die
Informationen über Fälschungen aus allen Sammelgebieten kommen würden,
könnte so mancher Fehlkauf vermeiden werden. Aber wie stellen Sie sich so
ein Informationsmedium vor? So etwas kann doch auch von den falschen
Leuten missbraucht werden um Fehlinformationen zu streuen oder um Personen
zu diskreditieren? Wolfgang
Fuhr:
Das stimmt! Wichtig ist, dass eine breite Öffentlichkeit erreicht wird,
dass jeder weiß wer die Informationen verbreitet und dass klare
nachvollziehbare Kriterien existieren, die eine Fälschung kenntlich
macht. Nehmen wir als Beispiel wieder einmal das WM 2014 Endspielprogramm.
Dieses Heft ist keine Fälschung im klassischen Sinn. Denn fälschen kann
man nur das was bereits real existiert. Aber man kann durch verschweigen
von Tatsachen bzw. hinzufügen von Fakten aus dem Stück etwas machen, was
es nicht ist. Wie in unserem Fall aus einem privaten Erinnerungsprogramm
ein offizielles Programmheft. Das ist natürlich irreführende Werbung.
Hart an der Grenze zum Betrug, wenn ich das wissentlich mache. Stadionheft.de:
Wie in Ihrem Fall? Wolfgang
Fuhr:
Vorsicht!! Vorsicht!!! Auch üble Nachrede ist strafbar (lacht). Bei uns
lag der Fall anders. Das Programmheft wurde von einem äußerst seriösen
Sammler eingeliefert, der bei dem Endspiel in Rio dabei war.
Gesamtprogramm, Ticket, Closing Ceremony-Programm und dabei auch dieses
mir bislang völlig unbekannte Endspielprogramm. Ich recherchierte sofort
im Internet nach weiteren Programm dieser Art, wurde aber nicht fündig.
Auch nicht im Mutterland des Programmsammelns, England. Ich bin nach
besten Wissen und Gewissen davon ausgegangen, dass es sich um ein
offizielles, echtes Programmheft handeln müsse. Das komplette Design des
Programms bestärkte natürlich diese Einschätzung. Die Vermutung lag
nahe, dass dieses Programm aus organisatorischen Gründen am Endspieltag
zu spät in den Verkauf gelangt ist, was nicht zum ersten Mal passiert wäre,
zumal die WM in Brasilien stattfand, nicht die Erfinder der perfekten
Organisation. Um es kurz zu machen, ich musste vom damaligen Wissenstand
davon ausgehen, dass es sich um ein offizielles Endspielprogramm handelte.
Der Käufer hat 165 € + Aufgeld + Mwst. für dieses Programm gezahlt und
hat sich bis heute noch nicht bei uns beschwert. Er würde es
wahrscheinlich nie tun, da er kein Programmsammler ist und vielleicht auch
niemals erfahren würde, dass es sich nur um ein weniger wertvolles
Erinnerungsprogramm handelt. Wir haben den Käufer jedoch aktiv
kontaktiert, dass Programm zurück genommen und ihm sämtliche Kosten
erstattet. Wir stehen zu unseren Fehlern und versuchen diese zu
bereinigen. Wir gehen jedoch noch weiter. Um andere Sammler vor der
gleichen Falle zu bewahren, bieten wir dieses Programm in unserem nächsten
Buchhandelskatalog und auf unserer Internetseite als Erinnerungsprogramm
bzw. Pirateprogramm an und machen darauf aufmerksam, dass es kein
offizielles Endspielprogramm gibt. Jeder kann jetzt mit dieser Information
selbst entscheiden ob er dieses Erinnerungsprogramm erwerben möchte, natürlich
zu einem wesentlich niedrigeren Preis. Außerdem wissen sofort 10.000
Sammler weltweit, dass dieses Heft kein offizielles Programmheft ist und
die Möglichkeit für Betrüger, Trittbrettfahrer oder Superschlaue dieses
Programmheft als echtes Endspielprogramm z.B. bei Ebay, leider die
beliebteste Plattform für diese Leute, anzubieten und für viel Geld zu
verkaufen ist stark eingeschränkt. Stadionheft.de:
Aber meinen Sie, dass Sie damit wirklich etwas bewirken können angesichts
der Möglichkeiten die das Internet bietet? Wolfgang
Fuhr:
Auf jeden Fall. Ich nenne Ihnen ein weiteres positives Beispiel. Sie
erinnern sich doch noch an die gigantische Schwemme von gefälschten
Eintrittskarten der Fußball-Weltmeisterschaften 1930, 1950 und 1954, die
auf allen Ebay-Plattformen angeboten und teilweise zu aberwitzigen Preisen
verkauft wurden. In dieser Zeit wurde es für seriöse Anbieter fast unmöglich
echte Tickets zu marktgerechten Preisen zu verkaufen. Wir bekamen immer
mehr Einlieferungen von Sammler, die ihre vermeintlichen Ticketraritäten
in unsere Auktionen einliefern wollten. Wir lehnten natürlich diese Fälschungen
zur Enttäuschung der Einlieferer ab, nachdem wir von diesen Fälschungen
erfahren hatten. Ich entschied mich aber dennoch in die Offensive zu
gehen, nachdem viele seriöse Händler und Sammler ob der Fälschungswelle
und der Ignoranz seitens Ebay resigniert hatten. AGON-Sportsworld
produzierte ein Flugblatt in deutsch und englisch, auf dem wir die Sammler
auf diese Fälschungen hinwiesen. Diese Flugblätter verteilten wir auf
den Sammlerbörsen von Erftstadt und Leun, und legten es über zwei Jahre
unseren Auktionskatalogen bei. Wir bekamen eine Menge positiven Zuspruch
aus der Sammlergemeinde. Es hat sich ausgezahlt das Wissen über diese Fälschungen
mit allen Sammler zu teilen. Die Käufer sind vorsichtig geworden beim
Kauf von WM-Tickets, schauen genauer hin und fragen mehr nach. Das
Resultat kann jedermann auf Ebay sehen. Diese Fälschungen werden zwar
weiterhin noch angeboten, wie gesagt in dieser Hinsicht unterstützt Ebay
die Sammler nicht und duldet nicht nur in diesem Fall das offensichtliche
Fälschungen angeboten werden. Die Preise liegen für diese Fälschungen
nur noch bei 10-20 € und werden kaum noch verkauft. Während echte
Tickets wieder ein Chance haben für einen fairen Preis den Besitzer zu
wechseln. Das ist doch ein Erfolg! Stadionheft.de:
Aber es gibt diese Fälschungen immer noch im Internet. Wolfgang
Fuhr:
Na ja, gegen Anbieter aus Uruguay, Italien und England kann man leider
nicht viel unternehmen. Das müsste Ebay tun, aber solange diese Anbieter
ihre Gebühren zahlen wird von dieser Seite nichts kommen. Deshalb ist es
umso wichtiger, dass möglichst viele Sammler über solche Fälschungen
informiert werden, dann ist der Erfolg der Fälscher und Helfershelfer,
also unseriöse Händler und Sammler, gering. Stadionheft.de:
Wir möchten noch einmal auf einen Punkt unseres Gespräches zurückkommen.
Es wäre doch für Sie einfacher gewesen das Geld für das
Endspielprogramm 2014 zu behalten und zu warten bis der betreffende Käufer,
wenn überhaupt, sich bei Ihnen meldet? Stadionheft.de:
Schöne Sprüche! Wolfgang
Fuhr:
Sie haben ja recht. Aber da sind wir wieder bei einem Thema vom Anfang
unseres Gespräches. Die meisten Menschen sammeln, weil sie Spass haben
wollen. Weil sie sich bei ihrem Hobby entspannen möchten. Aber wenn man
als Sammler ständig damit rechnen muss irgendwelche Fälschungen
untergeschoben zu bekommen, vergeht die Freude am Sammeln. Streß haben
wir doch alle schon genung. Und dann auch noch beim Hobby? Das braucht
wirklich keiner. Deshalb mein Apell an alle Sammler, Händler und
semiprofessionellen Händler. Wenn doch mal eine Fälschung in Eure
Sammlung oder Bestand gelangt und es gibt keine Möglichkeit diese zurück
zugeben. Bitte nicht weiterverkaufen oder tauschen. Einfach behalten als
warnendes Beispiel für euch selbst oder besser vernichten, damit diese Stücke
nicht mehr in den Umlauf kommen. Ja, auch wenn es nicht ganz billig war.
Wenn ihr das nicht tut und Fälschungen weiterreicht, seid ihr nicht
besser wie die Fälscher. Kauft und verbreitet keine Fälschungen! Nur so
kann man den Betrügern ihre Basis entziehen. Teilt euer wissen über
Fakes oder betrugsversuchen mit allen Sammlern. Natürlich nur wenn
belegbare Beweise vorliegen, sonst wäre es üble Nachrede und gemotze. Um
so früher Informationen bekannt werden, um so geringer ist der Erfolg von
Betrügern und Fälschern… Stadionheft.de:
Das war das Wort zum Sonntag! Wolfgang
Fuhr:
So schlimm? Stadionheft.de:
Nein, steckt schon eine Menge Wahrheit drin. Wolfgang
Fuhr:
bei diesem Thema gehen bei mir immer die Emotionen durch. Stadionheft.de:
Ich bedanke mich für dieses interessante Gespräch, dass sicherlich
weiterhin viel Diskussionsstoff liefern wird. |
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